«Dieser Jahrgang ist sensationell. So schöne Trauben hatte ich noch nie»: 635 Meter über Meer, an einem Samstagmorgen im September, blickt vinigma-Inhaber Valentin Schiess äussert zufrieden über seinen Rebberg in Jenins in der Bündner Herrschaft.

Es ist Erntezeit – und in diesem Herbst macht das so richtig Freude. «Schau», sagt Valentin und zeigt fachmännisch auf die dunkelvioletten Gamaret-Trauben, die am Rebstock hängen. «Das Traubenholz ist ausgereift, die Kerne sind braun, das Tannin angenehm mürb. Mit anderen Worten: It's all at it's best.»

Noch vor einem Jahr sah sich der Basler Weinbauer, wie im Übrigen die gesamte Branche in der Schweiz, mit äusserst schwierigen Umständen konfrontiert: Die Ernte 2021 brachte aufgrund von Wetterextremen kaum Ertrag. Bei zahlreichen Marken im vinigma-Sortiment leerte sich das Lager.

Doch nun ist alles ganz anders. Petrus hat es gut gemeint: «Es war zwar zwischenzeitlich sehr heiss, doch es gab immer genug Regen. Die Trauben gerieten nie in einen Trockenstress. Und von Frost oder Unwettern, die Schäden anrichten, wurden wir glücklicherweise verschont», erklärt Valentin.

Bei dieser Ausgangslage macht die Handlese im Jeninser Rebberg natürlich umso mehr Spass. Ein Dutzend Freiwillige unterstützen Valentin dabei, die Trauben der Weissweinsorte Completer und der Rotweinsorte Gameter mit der Traubenschere von den Reben abzutrennen. Eine Arbeit, die Konzentration erfordert.

«Ich bin zum ersten Mal dabei und sehr gespannt, was am Ende für ein Weinergebnis herauskommt», sagt etwa Esther Estoop, die über eine Kollegin von vinigma erfahren hat. Sie sei eine begeisterte Weinliebhaberin, ausserdem tue ihr die körperliche Arbeit an der frischen Luft gut. «Das ist ein schönes Erlebnis».

Manche der fleissigen Helferinnen und Helfer reisen jedes Jahr aus Basel, manche aus Zürich oder von anderswo her an. Valentin entschädigt sie mit «Wurst und Brot» – jeder Erntetag endet gemütlich am Lagerfeuer – sowie zwei Flaschen Wein.

Er selbst tuckert mit seinem Traktor «BS 63» in treuer Begleitung von Hündin Leia durch den Rebberg und kümmert sich um die speditive Verladung der prall gefüllten Sammelkisten. Mit dem vinigma-Transporter samt Anhänger geht's später in die firmeneigene Kellerei auf dem Dreispitz in Basel.

«Der Transport schadet der Traubenqualität nicht. Ansonsten wären die vinigma-Jahrgänge wohl kaum regelmässig mit Auszeichnungen prämiert worden», sagt Valentin. «Viele Weinproduzenten machen das so. Für mich ist das eine effiziente Sache.»

Bei der exzellenten Ausgangslage stehe er nun aber gehörig unter Druck, sagt Valentin weiter. Es liege an ihm, die Chance am Schopf zu packen und den aufgelegten Penalty zu verwandeln. «Wird es mir gelingen, aus diesen perfekten Trauben einen Wein zu keltern, der diesem Niveau gerecht wird?», fragt er sich auch im letzten Newsletter-Versand.

In anderen Jahren mit mittlerer Trauben-Qualität habe er bei der Vinifizierung «eigentlich nur gewinnen können». Doch nun gehe es darum, den «Steilpass der Extraklasse» tatsächlich zu nutzen. «Eine Herausforderung, die ich gerne annehme», sagt Valentin.