16.08.2023 Ratgeber 4 minMinuten Lesedauer

Bewerbungs­gespräch: Was zulässig ist – und was nicht

Welche Fragen dürfen Arbeit­geber stellen? Interview mit Rechts­beraterin Daniela Beck vom Arbeit­geber­verband Region Basel.

von Prime Content

Hinweis: Am Donnerstag, 21. September 2023 von 08:30 - 12 Uhr, veranstaltet der Arbeitgeberverband Region Basel ein Fachseminar zum Beginn des Arbeitsverhältnisses. Dabei werden auch Ratschläge zur Ausgestaltung von Arbeitsverträgen, Reglementen und Weisungen vermittelt. Weitere Informationen

Welche Fragen darf der Arbeit­geber einer Bewerberin oder einem Bewerber im Vor­stellungs­gespräch stellen?

Daniela Beck:* Grundsätzlich erlaubt sind Fragen zur Ausbildung, der bisherigen Berufstätigkeit und der zukünftigen beruflichen Entwicklung. Auch erlaubt sind Fragen nach bestehenden Krankheiten und Behinderungen, soweit sie die Arbeitsleistung zeitlich oder sachlich beeinträchtigen. Abhängig von der jeweiligen Tätigkeit sind auch Fragen nach Vorstrafen zulässig. Dies ist der Fall, wenn die Frage die Eignung des Bewerbers für die vorgesehene Tätigkeit betrifft. So darf beispielsweise bei einer Person, die sich als Kassier oder Finanzchef bewirbt, nachgefragt werden, ob keine Vorstrafe wegen Veruntreuung vorliegt.

Welche Fragen sind unzu­lässig, respektive müssen vom Bewerber nicht beantwortet werden?

Nicht zulässig sind Fragen zur persönlichen Lebensgestaltung und zum persönlichen Umfeld, wie Fragen nach der Zugehörigkeit zu politischen Parteien, Glaubensgemeinschaften und Gewerkschaften – ausser man bewirbt sich bei einem sogenannten Tendenzbetrieb, also beispielsweise einer Partei. Dann ist die politische Gesinnung logischerweise ein wichtiger Punkt.

Welche Fragen gehen gar nicht?

Ganz klar unzulässig ist die Frage nach der Familienplanung respektive einer bestehenden oder geplanten Schwangerschaft. Etwas anderes gilt nur, wenn die Bewerberin für eine bestimmte Arbeitsleistung mit Blick auf deren Eigenart objektiv ungeeignet ist, zum Beispiel wegen Gesundheitsgefährdung für Mutter und Kind oder bei einer Anstellung als Tänzerin oder Model. Unzulässig sind auch Fragen nach zukünftigen militärischen Dienstleistungen. 

Wenn solche Fragen dennoch gestellt werden: Darf der Bewerber oder die Bewerberin dann lügen?

Die bewerbende Person darf die Antwort auf eine unzulässige Frage verweigern. Damit ist ihm in der Regel aber wenig gedient, weil er in diesem Fall damit rechnen muss, die Stelle nicht zu erhalten. Deshalb wird dem Bewerber in einer solchen Situation zugebilligt, die Frage unrichtig zu beantworten, ohne weitere Konsequenzen befürchten zu müssen. 

Also muss ein Bewerber bei Falsch­aus­sagen nie irgend­welche Konsequenzen befürchten?

Doch, bei zulässigen Fragen, sollte er auf keinen Fall lügen! Der abgeschlossene Arbeitsvertrag könnte einerseits als ungültig angefochten oder dem Angestellten fristlos gekündet werden. Es lohnt sich demnach nicht, sich mit falschen Angaben eine Stelle zu erschleichen. 

Darf der Arbeit­geber das Facebook-Profil als Referenz nehmen?

Das kommt auf die Einstellungen des Bewerbers an. Wenn ein Profil öffentlich ist, kann auch dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin nicht verboten werden, dieses ausfindig zu machen und in seine Beurteilung einzubeziehen. Man sollte sich also bewusst sein, was man auf welchem Kanal wie veröffentlicht.

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Gehen wir davon aus, dass der Arbeit­geber die Stelle an die sich bewerbende Person vergeben möchte, aber diesen vor seinem definitiven Entscheid noch einen Tag zur Probe­arbeit einlädt. Was ist das genau und handelt es sich dabei um Arbeits­zeit?

Bei der Probearbeit lässt die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber einen Stellenbewerber einige Stunden oder sogar Tage am vorgesehenen Arbeitsplatz versuchsweise arbeiten, um dessen Eignung für die Stelle in der Praxis zu prüfen. Der Bewerber erfährt meist erst nach Absolvieren dieses Probetags, ob er die Stelle bekommt oder nicht. Für den Probetag ist in der Regel keine Entschädigung vorgesehen. Dementsprechend liegt das Missbrauchspotential solcher Probetage auf der Hand.

Kein Verdienst für Probe­tage? Ist das gesetzlich erlaubt?

Vor dem Hintergrund der Vertragsfreiheit sind solche unentgeltlichen Probetage zulässig. Die Grenze bildet die Übervorteilung gemäss Obligationenrecht; wenn nicht klar vereinbart wurde, dass für den Einsatz keine Vergütung bezahlt wird, ist nach dem Gesetz Entgeltlichkeit anzunehmen. Demnach ist der Lohn zu entrichten, der verabredet, üblich oder durch einen GAV bestimmt ist.

Der Arbeits­vertrag ist unterzeichnet, als Arbeits­beginn wird der 1. September 2023 vereinbart. Jetzt erhält die Bewerberin plötzlich die Zusage für eine andere Stelle, die ihr besser zusagt. Kann ein Arbeits­vertrag vor Stellen­antritt wieder gekündigt werden?

Dieser Punkt ist in der Lehre nicht unumstritten und eine gefestigte Rechtsprechung dazu existiert nicht. Bedeutende Experten sind aber der Ansicht, dass der Vertrag zwar vor Beginn des Arbeitsverhältnisses gekündigt werden, aber die Kündigungsfrist erst ab Stellenantritt laufen kann. Im oben erwähnten Fall also ab dem 1. September. Dadurch würde das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der verkürzten Kündigungsfrist der Probezeit von sieben Tagen enden und dementsprechend wäre diese eine Arbeitswoche auch zu leisten und zu bezahlen.

Das macht wohl aber wenig Sinn.

Ein so kurzer Einsatz bringt tatsächlich weder dem Arbeitgeber noch dem Angestellten etwas, weshalb in der Praxis bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Angestellten vor Stellenantritt der Vertrag meistens im gegenseitigen Einvernehmen wieder aufgelöst wird. Im umgekehrten Fall, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis vor Stellenantritt grundlos wieder auflöst, kann eine solche Kündigung aber zu Schadenersatz-Ansprüchen führen, wenn die oder der Angestellte zum Beispiel aufgrund der Stellenzusage eine andere gut bezahlte Stelle verlassen hat.  

*Daniela Beck ist Rechtsberaterin beim Arbeitgeberverband Region Basel.

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