«Ich wünsche mir, dass KMUs stärker unterstützt werden»
Sportshop Karrer: Geschäftsführerin Regula Blättler über die Rolle von KMUs in der Gesellschaft und das Erbe von Fridolin Karrer.

Beschreiben Sie Ihr Unternehmen in wenigen Sätzen.
Regula Blättler: Wir bringen Menschen dazu, Sport zu machen. Wir stellen ihnen das passende Outdoor-Material zur Verfügung und beraten sie in unserem Sportshop in Laufen. Dabei gehen wir sehr spezifisch auf die Wünsche unserer Kundschaft ein. Alles nahm seinen Anfang mit dem Skiverleih und allgemein dem Wintersportgeschäft. Das war die grosse Leidenschaft des Gründers Fridolin Karrer. Später kam aber auch ein Sommerangebot mit Bikes, Wanderschuhen und vielem mehr dazu. Unser Ziel ist und war dabei stets, dass jeder die Möglichkeit hat, sich draussen körperlich zu betätigen.
Wie ist das Unternehmen entstanden?
Im Jahr 1965, als alles anfing, war Fridolin Karrer Primarlehrer in Brislach, eine Nachbargemeinde von Laufen. Er plante damals, mit seinen Schülern zum Skifahren ins Berner Oberland zu fahren, doch viele Eltern konnten sich die nötige Skiausrüstung nicht leisten. Er liess sich jedoch nicht davon aufhalten. Er reiste in Skigebiete und kaufte dort alte Ski, Skischuhe und Stöcke und brachte sie nach Brislach, wo er sie seinen Kindern preisgünstig verlieh.
Wie wurde aus dem Service für seine Schulkinder der Sportshop?
Auch bei weiteren Eltern und deren Kindern stiessen das Angebot auf grosses Interesse. Deshalb baute Fridolin den Service aus. Der erste Lagerraum war die Scheune seines Bauernhauses. Zu dieser Zeit war er weiterhin Lehrer: Er unterrichtete am Tag, vermietete am Abend und wenns nötig wurde, schliff er bis spät in die Nacht auch mal Skier. Irgendwann erreichte das Geschäft aber einen Punkt, an dem er entscheiden musste: Sollte er Lehrer bleiben oder Sporthändler werden. Er machte sich die Entscheidung nicht leicht, weil er es liebte, Lehrer zu sein. Schlussendlich entschied er sich für das Sportgeschäft. In den Folgejahren ist die Firma immer weiter gewachsen. Heute arbeiten im Winter 40 und im Sommer 25 Mitarbeiter bei uns.
Sie sind die Grossnichte von Fridolin Karrer und jetzt Geschäftsführerin. Wie kam das?
Vorab ist mir wichtig zu sagen, ich führe den Betrieb nur. Die Aktien der Firma sind im Besitz einer Stiftung. Wie es dazu kam? Schon als Kind fuhr ich mit Fridolin Ski und mit 14 Jahren trat ich meinen ersten Ferienjob bei ihm an. Ich kenne den Sportshop also schon von Kindesbeinen an. Als Fridolin pensioniert wurde, trat mein Vater seine Nachfolge in der Geschäftsführung an ‒ wobei ihn Fridolin aber weiterhin Tag für Tag eng begleitete. Bis anderthalb Jahre vor seinem Tod im Jahr 2020 stand Fridolin noch jeden Tag im Geschäft. Als schliesslich auch mein Vater pensioniert wurde, suchte er eine Nachfolge. Ich wusste sofort: Das ist eine Chance, die man nur einmal im Leben erhält. Ich habe ja nicht Detailhandelsfachfrau gelernt, sondern Wirtschaft studiert. Was für unsere Grösse des Geschäfts auch eine sehr gute Voraussetzung ist für die Leitung der Sportshop Karrer AG. Am 1. Januar 2017 trat ich meine heutige Position an.

Der Sportshop Karrer gehört der Fridolin-Karrer-Stiftung. Was steckt dahinter?
Fridolin Karrer hatte keine eigenen Nachkommen. Mit der Stiftung fand er einen Weg, damit das Geschäft in seinem Sinne weiterläuft, wenn er einmal nicht mehr da ist. Die Stiftung ist heute im Besitz aller Aktien des Sportshops. Darüber hinaus unterstützt die Stiftung Ski- und Sportlager finanziell. Wer mit Jugendlichen ein Sportlager plant und aus der Region ist, kann ein Gesuch einreichen und wird in der Regel finanziell unterstützt. Dahinter steckt Fridolins Wunsch, Kinder zum Sporttreiben zu motivieren.
Ein Unternehmen führen: Was bedeutet Ihnen das?
Es ist eine riesige Ehre und eine grosse Verantwortung, dass ich dieses Geschäft zusammen mit meinem Mann führen darf. (Markus Blättler ist Co-Geschäftsführer, Anm. d. Red). Wir stehen in der Verantwortung gegenüber den Kunden, unseren Mitarbeitern und ein Stück weit auch gegenüber der Region: Denn wenn wir unseren Job gut machen, können wir Arbeitsplätze in dieser Region sichern. Zu Beginn war der Schritt ins Unternehmertum auf ganz verschiedenen Ebenen ein Wagnis: Mein Mann und ich waren uns zum Beispiel nicht sicher, ob es eine gute Idee ist, tagtäglich zusammenzuarbeiten. Wir haben mittlerweile einen tollen Weg gefunden und es macht Spass zusammenzuarbeiten. Es war also eine gute Idee.
Was ist die beste Entscheidung, die Sie je getroffen haben?
Eine Beschäftigung auszuüben, die ich liebe. Ich könnte problemlos im 50. Prozent-Pensum unsere Artikel austesten, ohne dass mir langweilig wird. (lacht). Schön finde ich auch, dass die meisten Kunden mit Freude zu uns kommen. Sie verspüren den Drang, wandern zu gehen, Ski und Velo zu fahren. Sie kommen freiwillig und nicht, weil sie etwas kaufen müssen. Das ist mit ganz vielen positiven Emotionen verbunden.
«Ich musste lernen, dass nicht alles in meinem Tempo läuft und nicht alles soviel Zeit in Anspruch nimmt, wie ich es mir vorgestellt habe.»
Regula Blättler
Wo mussten Sie Lehrgeld zahlen?
Ich musste lernen, dass nicht alles in meinem Tempo läuft und nicht alles soviel Zeit in Anspruch nimmt, wie ich es mir vorgestellt habe. Hier brauche ich viel mehr Zeit und dort viel weniger. Da ist es schon mal passiert, dass eine Deadline unterging. Heute kann ich das besser einschätzen und auf Erfahrungswerte zurückgreifen.
Was schätzen Sie an der Region?
Ich bin ein grosser Fan unserer Region. Die Natur ist wunderschön. Wir haben Hügel, Wälder und vieles mehr. Bei schönem Wetter sieht man Eiger, Mönch und Jungfrau. Zugleich ist die Stadt sehr nah.
«Es ist wichtig, dass die Bürokratie nicht derart Überhand nimmt, dass wir es alleine nicht mehr erledigen können.»
Regula Blättler
Wenn Sie einen Wunsch an die Politik freihätten, dann ….
(überlegt) Ich wünsche mir, dass kleine Unternehmen und Orte, wie zum Beispiel unser Stedtli, gefördert und unterstützt werden, damit sie uns erhalten bleiben. Denn es sind diese KMUs und die Menschen dahinter, die Charakter zeigen und zu einer gesunden Gesellschaft beitragen.
Wie könnte man kleinen Unternehmen helfen?
Es ist wichtig, dass die Bürokratie nicht derart Überhand nimmt, dass wir es alleine nicht mehr erledigen können. Leider gehören heute sehr viele Formalitäten zum Unternehmertum. Die Umsetzung der neuen Datenschutzverordnung zum Beispiel hat viele Ressourcen absorbiert. Ich habe sehr viel Zeit investiert, es brauchte externe Berater und Anwälte dazu. Das war ein Kraftakt: Wir sind ein kleines Unternehmen und haben nicht für alles Experten.
Was unterscheidet euch von Konkurrenten?
Ich glaube, wir sind sehr unkompliziert. Unser Mietsystem ist sehr flexibel. Zum Beispiel kann man einen Ski auch über vier Jahre abbezahlen. Zudem prägen seit Jahren dieselben Menschen den Sportshop. Ich glaube, das zeichnet uns aus und macht uns speziell.
Was hat sich für den Sportshop in den letzten Jahren verändert?
Viele Artikel werden multifunktionaler gebraucht. Bei den Textilien versucht man zum Beispiel diese im Winter fürs Langlaufen und Skifahren und im Sommer zum Wandern und Joggen zu nutzen. Natürlich jeweils angepasst an die Wetterverhältnisse. Ausserdem brachte die Corona-Pandemie zahlreiche Menschen dazu, mehr an die frische Luft zu gehen und Outdoor-Aktivitäten ausprobieren. Langlaufen ist zum Beispiel stark aufgekommen. Andererseits hat der Onlinehandel unser Geschäftsfeld in den letzten Jahren beeinflusst. T-Shirts und Pullis kann man heute problemlos online bestellen, dazu braucht es uns nicht unbedingt. Bei grösseren Einkäufen, wie zum Beispiel dem Kauf von Ski- und Wanderschuhen, schätzen es die Kunden aber weiterhin, wenn sie in den Laden kommen können, um sie auszuprobieren.
Stichwort Fachkräftemangel. Spürt ihr das auch?
Ja. Bei uns kommt noch das Handicap dazu, dass wir viele Leute nur im Winter beschäftigen können, weil wir im Sommer weniger zu tun haben. Für eine Saison kommt es den Leuten bisweilen gelegen, nur im Winter zu arbeiten, aber über mehrere Jahre hinweg ist es ihnen zu unsicher. Das macht es nicht einfacher. Dennoch ist es uns in den letzten Jahren immer wieder gelungen, gute Leute mit tollem Charakter zu finden. Früher war die Suche aber sicher einfacher. Sobald die Herbstferien näher kamen, meldeten sich umgehend 10 Personen als Aushilfen für die Wintersaison. Er hatte die Qual der Wahl.
Medial wurde bereits aufgegriffen, dass eure Preise vergleichsweise tief sind. Wie macht Ihr das möglich?
Das liegt auch an unserem Standort. Vermietet man einen Ski in den Bergen, kommt er sehr häufig zum Einsatz. Wenn wir hingegen hier in Laufen eine Saisonmiete abschliessen, wird der Ski viel weniger gefahren: im Schnitt etwa ein bis zwei Wochen pro Jahr. Die Folge ist, dass die Abnützung geringer ist und die Ski länger halten. Dadurch haben wir die Möglichkeit, unsere Preise niedriger anzusetzen.
Ihr letztes Wort
Mein Wunsch ist, dass die Menschen auch weiterhin Aktivitäten im Freien nachgehen und dabei gut ausgestattet sind – mit passenden Schuhen und Kleidung. Denn Bewegung und frische Luft tun allen gut.
Firmengründung: 1965
Anzahl Angestellte: im Winter 40 und im Sommer 25
Adresse
Ziegeleistrasse 48, 4242 Laufen
Kontakt
Tel: 061 766 99 33
Website
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