12.02.2025 Ratgeber 4 minMinuten Lesedauer

Gilt der Arbeits­weg bereits als Arbeits­zeit?

Im Interview gibt Frank Linhart vom Arbeit­geber­verband Region Basel Aus­kunft zu den Regelungen bei der Arbeits­zeit.

von Prime Content

Veranstaltungs­hinweis

Am 27. Februar 2025 führt der Arbeitgeberverband Region Basel ein halbtägiges Seminar zum Thema «Arbeitszeit – Gestaltungsfreiheit im gesetzlichen Rahmen» durch. Weitere Informationen

Was gilt als Arbeits­zeit?

Frank Linhart:* Als Arbeitszeit gilt die Zeit, während der sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zur Verfügung des Arbeitgebers zu halten hat. Sofern die Arbeitszeit nicht im Arbeitsvertrag vereinbart wurde, bestimmt der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit aufgrund seines Weisungsrechts. In der Praxis gibt es inzwischen viele verschiedene und flexible Arbeitszeitmodelle, bei denen der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern die Gestaltung der Arbeitszeit in einem gewissen Rahmen selbst überlässt und ihnen so mehr Freiraum bei der Erbringung der Arbeitszeit gibt.

Gilt der Arbeits­weg schon als Arbeits­zeit? Und wie sieht es aus mit dem Weg von einem Einsatz­ort zum nächsten?

Der Weg zum Arbeitsort und zurück gilt nicht als Arbeitszeit. Der Weg vom Arbeitsort zum Eisatzort und zwischen verschiedenen Einsatzorten hingegen gilt als bezahlte Arbeitszeit. Denn dieser Weg wird im Rahmen der Arbeitstätigkeit zurückgelegt. 

Wenn im Betrieb Kleider­vorschriften gelten, gilt dann die Umkleide­zeit als Arbeits­zeit? 

Bei der Umkleidezeit ist zu unterscheiden zwischen einfachen Kleidervorschriften, wie eine Uniform oder ein einheitlicher Look aller Angestellten, etwa durch gleiche Hemden mit dem Firmenlogo, und zwischen der Notwendigkeit, sich vor Ort umzuziehen – beispielsweie aus hygienischen Gründen. Ist das Umziehen respektive Anziehen der Uniform zu Hause möglich, gilt diese Zeit natürlich nicht als Arbeitszeit. Es ist diesfalls ja auch kein «Umkleiden» nötig, sondern lediglich ein Anziehen der vorgeschriebenen Kleidung. 

Und das Umziehen vor Ort?

Das Umziehen vor Ort nimmt zusätzliche Zeit in Anspruch und wird im Interesse des Arbeitgebers getan. Es gilt gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung deshalb als Arbeitszeit. Wichtig ist jedoch, dass es sich hierbei nicht zwingend um bezahlte Arbeitszeit handelt. Wir empfehlen deshalb, die Umkleidezeit zu regeln und festzuhalten, ob und wie diese vergütet wird. So können Missverständnisse verhindert und eine einheitliche Regelung im Betrieb sichergestellt werden.

Wenn von Arbeits­zeit die Rede ist, muss auch die Pausen­regelung betrachtet werden. Was gilt als Pause und welche Vor­schriften gibt es betreffend Pausen?

Pausen sind die Zeiten, während derer die Arbeitnehmer ihre Arbeit zur Verpflegung, Ruhe etc. unterbrechen. Das Arbeitsgesetz schreibt genau vor, wie lange die Arbeit mindestens unterbrochen werden muss. Dies ist abhängig von der gesamten Arbeitsdauer. Bei einer täglichen Arbeitszeit von

mehr als 5.5 Stunden: mind. 15 Min.
mehr als 7 Stunden: mind. 30 Min.
mehr als 9 Stunden: mind. 1 Stunde

Darf der Arbeit­geber verlangen, dass Mit­arbeiter sich aus­stempeln, wenn sie aufs WC gehen?

Hierzu gab es im letzten Herbst ein Urteil des Kantonsgerichts Neuenburg, welches auf mediales Interesse stiess. Denn ein Unternehmen verlangte genau dies von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und das Gericht hat diese Regelung geschützt.

Was ist Ihre Einschätzung zu diesem Fall?

Aus rechtlicher Sicht ist dieser Entscheid richtig, denn betrachtet man die Definition des Begriffs «Arbeitszeit», so gilt, dass sich der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber für Arbeitsleistungen zur Verfügung zu halten hat, was er streng genommen während der WC-Pause nicht tut. Es gibt in der Lehre hierzu jedoch auch andere Meinungen. Ich kann Sie aber beruhigen. Dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber von ihren Mitarbeitern verlangen, die WC-Pause auszustempeln, ist und bleibt in der Praxis die absolute Ausnahme.

Gelten Rauch­pausen als bezahlte Arbeits­zeit?

Nein, grundsätzlich nicht. Denn die Raucherpause stellt eine Unterbrechung der Arbeitszeit dar, während derer der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nicht zur Verfügung steht. Viele Firmen sind in dieser Hinsicht aber noch immer kulant und lassen auch kurze Rauchpausen als Arbeitszeit gelten – und heute gibt’s ja durchaus auch Leute, die während des Rauchens draussen Arbeit verrichten dank ihrem Handy oder dem Austausch mit Arbeitskollegen. Also je nachdem macht jemand gar nicht unbedingt Pause. Auch hier empfehlen wir eine eindeutige Regelung zu treffen, um Missverständnisse zu vermeiden.

*Frank Linhart ist Leiter Öffentlichkeitsarbeit und Berufsbildung beim Arbeitgeberverband Region Basel.

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