15.05.2025 Ratgeber 4 minMinuten Lesedauer

Wann ist eine frist­lose Kündigung gerechtfertigt?

Frank Linhart vom Arbeitgeberverband Region Basel erklärt im Inter­view die wichtigsten Punkte.

von Prime Content

Veranstaltungshinweis

Am 17. Juni 2025 von 12 bis 13 Uhr führt der Arbeitgeberverband Region Basel ein «Arbeitsrecht@Lunch» zum Thema «Fristlose Kündigung» durch. Weitere Informationen

Wann kann der Arbeit­geber das Arbeits­verhältnis fristlos kündigen?

Eine fristlose Kündigung ist eine Kündigung per sofort, also ohne Kündigungsfrist. Sie kann aus «wichtigen Gründen» ausgesprochen werden. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn das Vertrauensverhältnis so schwer erschüttert oder gar zerstört ist, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Treu und Glauben nicht mehr zumutbar erscheint. Die Rechtsprechung erachtet die fristlose Kündigung folglich nur bei besonders schweren Verfehlungen des Arbeitnehmers als gerechtfertigt.
 

Was sind typische Gründe für eine recht­mässige frist­lose Kündigung?

Klare Fälle sind strafrechtlich relevante Handlungen gegen den Arbeitgeber respektive während der Arbeitszeit, wie Diebstahl, Veruntreuung, Urkundenfälschung. Dazu gehört zum Beispiel die Fälschung eines Arztzeugnisses oder Arbeitszeitbetrug. Auch gewalttätige Auseinandersetzungen, wie eine Prügelei zwischen Arbeitnehmern, können eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Des Weiteren können schwere Treuepflichtverletzungen, wie etwa die Konkurrenzierung des eigenen Arbeitgebers, einen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen. Wichtig ist: Es gibt keine im Gesetz definierte Liste von «wichtigen Gründen». Deshalb muss immer der Einzelfall betrachtet werden.

Wie sollen Arbeit­geber vorgehen, wenn ein Fall weniger eindeutig ist?

Bei weniger eindeutigen Fällen kann es sinnvoll sein, vorgängig eine Verwarnung auszusprechen. Mit der Verwarnung kann das nicht tolerierte Verhalten abgemahnt und für den Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung angedroht werden. Tritt das gerügte Verhalten trotz Verwarnung wieder auf, kann eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden. Aber Achtung: Natürlich kann auch eine vorgängige Verwarnung keine fristlose Kündigung wegen einer Lappalie rechtfertigen. Zur Frage, ob ein Verhalten für eine fristlose Kündigung ausreicht, gab es übrigens Anfang Jahr einen interessanten Bundesgerichtsentscheid.

Um was ging es dabei?

Eine Arbeitnehmerin hatte nach ihrer Kündigung wiederholt Arztzeugnisse verzögert und erst nach Aufforderung des Arbeitgebers eingereicht, obwohl diese bereits vorhanden gewesen waren. Sie informierte überdies unzureichend über die Abwesenheitsdauer. Der Arbeitgeber mahnte diese Verzögerung ab und drohte unter anderem die fristlose Kündigung im Wiederholungsfalle an. Als die Arbeitnehmerin wiederum nicht zur Arbeit erschien, sich nicht meldete und kein Zeugnis einreichte, kündigte der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin fristlos, was das Bundesgericht schützte.

Was bedeutet dieses Urteil für Arbeit­geber?

Die Verwarnung senkte die Hürde für eine später folgende fristlose Kündigung, denn es wurde seitens Arbeitgeber mit der Verwarnung explizit darauf hingewiesen, dass dieses Verhalten nicht mehr toleriert wird. Das Bundesgericht bezog sich im Urteil zudem auf die Informationspflicht der Arbeitnehmerin gegenüber der Arbeitgeberin, die insbesondere im Krankheitsfall gilt. Eine Verletzung dieser Pflicht durch das verzögerte Nachreichen von eigentlich vorhandenen Arztzeugnissen und die unzureichende Kommunikation über die Dauer der Arbeitsunfähigkeit rechtfertigten die fristlose Kündigung.

Wie muss ein Arbeit­geber vorgehen, wenn er lediglich eine Ver­mutung hat, dass ein Grund für eine frist­lose Kündigung vorliegt?

Es ist umstritten, ob eine Verdachtskündigung zulässig ist. Hier kommt es darauf an, ob ein Verdacht berechtigt war und was der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin beweisen kann. Es ist wichtig, dass der Arbeitgeber Abklärungen trifft, um den Verdacht zu erhärten, bestätigen oder zu widerlegen. Er sollte sich dabei gut dokumentieren, um später den wichtigen Grund beweisen oder den erhärteten Verdacht und den damit zusammenhängenden Vertrauensverlust aufzeigen zu können. Denn kündigt der Arbeitgeber aufgrund eines Verdachts, der sich später als falsch herausstellt, ist die fristlose Kündigung ungerechtfertigt.

Was gilt es sonst noch zu beachten?

Ein Stolperstein bei fristlosen Kündigungen ist die kurze Reaktionszeit. Ein Arbeitgeber muss umgehend reagieren, wenn er einen Grund für eine fristlose Kündigung als gegeben erachtet. Wartet er zu lange zu, spricht das dafür, dass es nicht unzumutbar ist, die Kündigungsfrist einer ordentlichen Kündigung abzuwarten. Das bedeutet aber nicht, dass der Arbeitgeber bei Verdacht nicht zuerst Abklärungen treffen darf. Diese müssen jedoch zügig getätigt werden und die Kündigung muss bei Feststehen des Grundes umgehend erfolgen.

Welche Punkte gilt es eben­falls zu beachten?

Des Weiteren muss den Arbeitgebern bewusst sein, dass Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer bei fristlosen Kündigungen in den meisten Fällen vor Gericht klagen. Denn eine fristlose Kündigung verbunden mit dem sofortigen Einkommensverlust stellen für Arbeitnehmer einen gravierenden Einschnitt dar. Auch die Kosten einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung, die drohende Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen, sind nicht zu vernachlässigen. Deshalb müssen sich die Arbeitgeber beim Aussprechen einer fristlosen Kündigung wirklich sicher sein.

Arbeitgeberverband Region Basel

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