06.09.2025 Politik 51 minMinuten Lesedauer

Kollaps auf den Strassen: Gibt es überhaupt Lösungen?

An der Auto/Mobil Basel diskutierten Regierungs­rätin Esther Keller, BLT-Chef Frédéric Monard und Vertreter des Auto­gewerbes.

Bereits zum 20. Mal findet an diesem Wochenende die Auto/Mobil Basel in der St. Jakobshalle statt. Zur Eröffnung am Freitag diskutierten auf einem Podium Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wirtschaft über die künftige Ausgestaltung des Verkehrs in der Region Basel.

Die Herausforderungen sind gross: Die Stausituation an manchen Abschnitten in der Stadt ist prekär, der Rheintunnel wurde vom Volk abgelehnt und bis Tiefenbahnhof und S-Bahn-Ausbau («Herzstück») umgesetzt sind, soll es – Achtung, das ist keine Satire – gemäss den Planspielen in Bundesbern bis 2080 dauern.

Was also sind Lösungansätze, um den Verkehrskollaps zu vermeiden? Und wie können sich ÖV und Auto besser ergänzen? Zu diesen Fragen diskutierten auf dem Podium unter der Leitung von Prime News-Gründer Christian Keller:

  • Esther Keller, Bau- und Verkehrsdirektorin Basel-Stadt
  • Frédéric Monard, Direktor BLT
  • Tobias Treyer, Präsident AGVS beider Basel
  • Philipp Wetzel, Managing Direktor Innovation & Venture LAB der AMAG

Die wichtigsten Aussagen

«Autos sind in Basel absolut willkommen», stellte Regierungsrätin Esther Keller gleich zu Beginn klar. Entscheidend sei aber, «dass man das richtige Transportmittel für den richtigen Zweck nimmt». Gerade in dicht besiedelten Quartieren sei der Platz die knappste Ressource. Ein Drittel des Verkehrs bestehe allein aus Suchfahrten nach Parkplätzen. Unterirdisches Parkieren und moderne Verkehrsdrehscheiben, wo ÖV, Velo, Sharing und Auto zusammenspielen, seien deshalb unverzichtbar.

Tobias Treyer, Präsident des Autogewerbeverbands Region Basel, hielt dagegen mit einem internationalen Vergleich: «In Tokio gibt es bedeutend mehr Autos als in Basel, und trotzdem keinen Stau.» Der Unterschied liege darin, dass Autofahrer dort attraktive Alternativen hätten – schneller, günstiger, bequemer. In der Region Basel hingegen sei man oft gefangen: «Von Arlesheim in die Stadt brauche ich eineinhalb Stunden – egal ob mit Auto oder ÖV.» Solange der ÖV nicht konkurrenzfähig sei, bleibe das Auto für viele unverzichtbar.

Das bestehende Angebot müsse intelligenter genutzt werden, erklärte Frédérik Monard, Direktor der BLT. «Die Infrastruktur solle smart und mobil sein», sagte er. Ein Beispiel sei das geplante S-Tram 17, das auf bereits vorhandenen Gleisen als «Express-Tram» zwischen Agglomeration und SBB verkehren soll. «Das spart Pendlern pro Weg zwölf Minuten – 24 Minuten pro Tag.» Monard warnte vor dem Warten auf Megaprojekte: «Die grossen Infrastrukturprojekte sind wichtig, aber wir müssen lernen, kleinere Schritte konsequent umzusetzen.»

Philipp Wetzel, Managing Direktor Innovation & Venture LAB bei der AMAG, rückte die Technologie in den Vordergrund. «Unsere Infrastruktur ist am Anschlag», stellte er fest. Chancen sieht er in autonomen und gepoolten Fahrzeugen: «Wenn das Netz attraktiv ausgestaltet ist, kann das dazu führen, dass Leute auf ein zweites Auto verzichten.» Nicht der private Robo-PW, sondern kleine, gemeinsam genutzte Shuttle-Flotten könnten eine sinnvolle Ergänzung des ÖV werden. In Zug etwa werde ein solches System ab 2026 getestet.

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Die umstrittensten Punkte

Beim Thema Mobility Pricing gingen die Meinungen auseinander. Keller nannte es «einen ur-liberalen Ansatz», weil Verursacher für die Beanspruchung zahlen sollten. Treyer hingegen hielt dagegen: «Das ist nicht sozial, weil es jene belastet, die aufs Auto angewiesen sind.» Zudem sei die Umsetzung in einer Region wie Basel mit viel Zufahrtsverkehr komplex.

Auch der Rheintunnel sorgte für Diskussion. Keller betonte, die basel-städtische Regierung habe das Projekt unterstützt. Nach dem Volks-Nein sehe sich die Exekutive aber nicht in der Rolle, das Projekt von sich aus zu forcieren – sollte dies seitens Bundesbern passieren, werde man das Bauvorhaben neu prüfen. Treyer forderte derweil mehr Mut zu grossen Lösungen: «In Seoul hat man eine zweistöckige Stadtautobahn abgerissen, unterirdisch verlegt und oben einen Park geschaffen. Solche Projekte kosten, aber sie lohnen sich.»

Diese Aussage griff Esther Keller umgehend auf, worauf sich ein Schlagabtausch entwickelte: «Der Präsident des Autogewerbeverbands beider Basel empfiehlt mir also, die Osttangente abzureissen?», sagte Keller. «Wenn Sie zuvor den Rheintunnel bauen», erwiderte Treyer.

Fazit der Debatte

Am Ende blieb die Erkenntnis: Die Verkehrswende braucht beides – kleine, sofort wirksame Schritte wie Express-Trams, Sharing-Dienste und multimodale Apps – und den langen Atem für grosse Projekte wie den Rheintunnel und den S-Bahn-Ausbau.

Oder wie Monard es formulierte: «Wenn wir uns alle die nächsten 20 Jahre verhalten wie die letzten 50, dann können wir nur auf die Megaprojekte warten. Wenn wir Verhalten ändern, gewinnen wir Zeit.»

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Christian Keller

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