10.12.2025 Ratgeber 5 minMinuten Lesedauer

Die wichtigsten Punkte zum ärztlichen Zeugnis

Frank Linhart vom Arbeit­geber­verband Region Basel erklärt, was Firmen bezüglich Krank­schreibungen beachten sollten.

von Prime Content

Das ärztliche Zeugnis sorgt immer mal wieder für Auf­regung. Ist es denn tat­sächlich so, dass viele Ange­stellte bereits ab dem ersten Krank­heitstag ein ärztliches Zeugnis vorlegen müssen?

Frank Linhart*: Wir beobachten keine solche Entwicklung, sondern vielmehr – aus Sicht der Arbeitgeber – das Ärgernis, dass Angestellte sehr einfach an ein ärztliches Zeugnis gelangen. Es kommt zum Beispiel sehr häufig vor, dass nach einer ausgesprochenen Kündigung kurz darauf ein ärztliches Attest eingereicht wird. Dadurch wird die Kündigungsfrist unterbrochen, und das Arbeitsverhältnis verlängert sich entsprechend. Um diesem «Trend» entgegenzuwirken, verlangen einige Arbeitgeber nach erfolgter Kündigung bereits ab dem ersten Krankheitstag ein ärztliches Zeugnis – aber eben nur einige.

Nach wie vielen Tagen Absenz verlangen denn die meisten Arbeit­geber üblicher­weise ein ärztliches Zeugnis?

Unserer Erfahrung nach verlangen die meisten Arbeitgeber nach wie vor ab dem dritten oder vierten Krankheitstag ein ärztliches Zeugnis. Das Gesetz macht hierzu keine Vorgabe, sodass der Arbeitgeberin ein grosser Spielraum bleibt. Mir sind grosse Firmen bekannt, die erst nach fünf Tagen Abwesenheit ein ärztliches Attest verlangen – und sogar solche, die grundsätzlich darauf verzichten.

Man hört immer wieder mal von sogenannten «Gefälligkeits­zeugnissen». Inwiefern sind denn solche ein Thema bei den Arbeit­gebern?

Als Gefälligkeitszeugnis gilt eine ärztliche Bescheinigung, in der ein Arzt einem Angestellten wissentlich eine Arbeitsunfähigkeit attestiert, die nicht besteht. Es ist äusserst schwierig, einem Arzt nachzuweisen, dass ein solches Zeugnis bewusst ausgestellt wurde. Häufig entstehen solche fraglichen Bescheinigungen aus Zeitmangel, einer gewissen Nähe zum Patienten sowie der Aggravation der geschilderten Symptome.

Welche Möglichkeiten hat denn eine Arbeit­geberin, um gegen Gefälligkeits­zeugnisse vorzu­gehen?

Die Erfolgsaussichten sind tatsächlich sehr gering und der einzige halbwegs erfolgsversprechende Weg führt über den Vertrauensarzt. Wir stellen jedoch fest, dass es äusserst schwierig ist, überhaupt einen Vertrauensarzt zu finden, der innert einer angemessenen Frist einen Termin anbieten kann. Gelingt dieses Kunststück, muss sich der Fall doch sehr eindeutig darstellen, damit der Vertrauensarzt dem behandelnden Arzt widerspricht und eine Arbeitsfähigkeit bescheinigt. Ich sehe bei diesem Thema aber noch einen anderen Punkt.

Welchen?

Heutzutage ist es zunehmend wahrscheinlicher, dass sich ein Angestellter selbst entlarvt, indem er während seiner angeblichen «Krankheit» Bilder seiner Freizeitaktivitäten veröffentlicht.  

Ein interessanter Aspekt. Nur stellt sich da natürlich die Frage: Dürfen solche Beweise über­haupt verwendet werden?

Natürlich kommt es auch hier immer auf die individuellen Umstände an. Teilweise wird auf den Arztzeugnissen explizit vermerkt, dass die Person «ausgehfähig» oder «reisefähig» ist. In solchen Fällen wirft ein entsprechender Social-Media-Beitrag lediglich ein schlechtes Licht auf den Angestellten. Ist jedoch jemand beispielsweise aufgrund eines Rückenleidens krankgeschrieben und deckt dann in dieser Zeit das Dach seines eigenen Hauses, ist die Situation eher klar. 

Welche Instrumente haben denn die Arbeit­geber­innen, um sogenannten Blau­tagen oder Ange­stellten, die häufig am Montag oder Freitag fehlen, entgegen­zuwirken?

Auch hier sind die Handlungsmöglichkeiten begrenzt. Meiner Erfahrung nach ist der wertschätzende Ansatz der sinnvollste. Daneben behelfen sich einige Arbeitgeber eben mit der Möglichkeit, bei vermehrtem Auftreten solcher «verdächtigen» Absenzen bei diesen Angestellten bereits ab dem ersten Krankheitstag ein ärztliches Zeugnis zu verlangen. Eine weitere Option besteht darin, Angestellten, die sehr selten oder nie fehlen, zusätzliche Ferientage zu gewähren oder diesen Umstand bei der Festlegung der Gratifikation positiv zu berücksichtigen. 

*Frank Linhart ist Leiter Öffentlichkeitsarbeit und Berufsbildung beim Arbeitgeberverband Region Basel.

Arbeitgeberverband Region Basel

Rechtsberatung für Mitglieder

Mit mehr als 2'500 Mitgliedern zählt der Arbeitgeberverband Region Basel zu den führenden Wirtschaftsverbänden der Nordwestschweiz. Die Rechtsberatung gehört zu seinen zentralen Dienstleistungen.

Zur Ratgeber-Rubrik auf Prime News.

https://www.arbeitgeberbasel.ch

Schlagzeilen
 
 

Die kostenlose Prime News-App – jetzt herunterladen.

Noch keine Kommentare

max. 800 Zeichen

Regeln

Ihre Meinung zu einem Artikel ist uns hochwillkommen. Bitte beachten Sie dazu die nachfolgenden Regeln: Bitte beziehen Sie sich bei Ihrem Kommentar auf das Thema des Beitrags und halten Sie sich an den Grundsatz, dass in der Kürze die Würze liegt. Wir behalten uns vor, Kommentare zu kürzen. Geben Sie Ihren Namen an und benutzen Sie keine Namen anderer Personen oder Fantasienamen – ansonsten sieht die Redaktion von einer Publikation ab. Wir werden ferner Kommentare nicht veröffentlichen, wenn deren Inhalte ehrverletzend, rassistisch, unsachlich oder in Mundart oder in einer Fremdsprache verfasst sind. Über diesbezügliche Entscheide wird keine Korrespondenz geführt oder Auskunft erteilt. Weiter weisen wir Sie darauf hin, dass Ihre Beiträge von Suchmaschinen wie Google erfasst werden können. Die Redaktion hat keine Möglichkeit, Ihre Kommentare aus dem Suchmaschinenindex zu entfernen.

     

 

 

 

     

 

 

 

     

 

 

 

     

 

 

 

Weitere Artikel

 zurück

Newsticker